Schlaganfälle im Kindesalter: Ein möglicher Hauptgrund für die Zunahme.
In der obigen Übersichtsarbeit berichten die Autoren über eine Zunahme von Schlaganfällen bei Kindern und Jugendlichen. „Die aktuellen Zahlen sind mehr als doppelt so hoch wie Zahlen aus früheren Jahrzehnten.“ (Ärztebkatt 48, S. 851). Darüberhinaus sind immer jüngere Erwachsene betroffen. Nach einer Pressemitteilung der „Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe“ (Archiv der Stiftung von 2008) erleiden jährlich 14 000 Menschen in der Altersgruppe zwischen 18 und 50 Jahren einen Schlaganfall.
Für die frühkindlichen und kindlichen Schlaganfälle spielt wohl eine Rolle, dass die verbesserte Diagnostik zu höheren Zahlen führt. Hinsichtlich der Ursachen bei kindlichen Schlaganfällen sind aber bis zu 50% ungeklärt. (Kirkham et al. 2004.) Bei den 18 bis 50 Jährigen sind bei einem Drittel die Ursachen unbekannt!
Die erhebliche Zunahme der Schlaganfälle und deren Auftreten in immer jüngerem Lebensalter fällt bemerkenswerter Weise zeitlich zusammen mit dem flächendeckenden Ausbau der Mobilfunktechnologie und deren massenhafter Anwendung. (Handy, W-LAN, UMTS, Bluetooth, Babyphone, DECT-Telefone usw.)
Das Deutsche Bundesamt für Strahlenschutz weist in seiner Empfehlung „Schutz vor elektromagnetischer Strahlung beim Mobilfunk“ (Bundesanzeiger Nr. 43, 3.3.1992) darauf hin, dass Stand wissenschaftlicher Forschung ist, dass Mobifunkfrequenzen mit Feldstärken unterhalb der Grenzwerte nichtthermische Wirkungen beim Menschen auslösen, z.B. Veränderungen des Zellmembranpotentials. „So können...auch direkte Wirkungen auf Makromoleküle, Zellmembranen oder Zellorganellen induziert werden...spezielle Effekte, die nicht auf Erwärmung beruhen.“ Im Jahre 2003 legte der „Ausschuss für Bildung, Forschung und Technologieabschätzung“ eine Metastudie vor (Bundestagsdrucksache 15/1403). Dort heißt es u.a.: „Von den Studien an menschlichen Probanden erbrachten 79% positive Befunde. Die meisten Effekte betreffen das Nervensystem oder das Gehirn. (86%).“.
In mehreren Studien wurden an Rattengehirnen Schädigungen durch gepulste Mikrowellen des Mobilfunks nachgewiesen. Es kommt zu einer Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke mit Austritt von Albumin und Aufnahme von Albumin in die Neuronen, die geschädigt werden. (Salford et al).
2006 hat Markus Antonietti in einem Laborexperiment mit künstlichen Synapsen, die den Gehirnsynapsen nachgebaut waren, unter Handystrahlung Erwärmungen bis auf 100 Grad an den Grenzflächen gemessen.
Die Interphone Studie ebenso wie die Örebro-Studien (Hardell et al.) haben die Zunahme von bösartigen Hirntumoren (Gliomen) bei häufiger Mobilfunknutzung bestätigt. Ebenso ist die Entstehung von Acusticusneurinomen erneut in einer japanischen Studie belegt worden. (Yasuto Sato et al. 2010)
In einer preisgekrönten Studie haben Jugendliche das Verklumpen der roten Blutkörperchen (Geldrollenphänomen) bereits nach nur 30 Sekunden Handytelefonat nachgewiesen. Dieser Effekt ist in anderen Studien auch bei Erwachsenen belegt.
Ein plausibler Wirkmechanismus der Schädigung durch Mobilfunk liegt in der Entartung des Stickstoffmonoxids (NO) unter Mobilfunkeinfluß zu reaktiven nitrogenen und reaktiven oxydativen Spezies (RNS und ROS). Im Zentrum steht dabei die vermehrte Bildung von Peroxinitrit (ONOO-) aus der Reaktion von Stickstoffmonoxid (NO) und Superoxid (O-). Wegen seiner vergleichsweise langen Halbwertszeit schädigt Peroxinitrit eine Vielzahl zentraler Stoffwechselvorgänge und Zellbestandteile, z.B. – insbesondere bei Dauerexposition - das Redoxsystem. Die Fähigkeit zur Bildung antioxydativer Prozesse wird gestört, es kommt zur Schädigung ungesättigter Fettsäuren, von Proteinen und der DNA und in Folge zu Stimulierung freier Radikale, von hochgiftigem Peroxinitrit und Peroxid-Radikal. Dies alles führt zu einem Mangel an Zellernegie und Entgleisung des Zellmilieus (sog.Mitochondro-pathie). Daraus entstehen u.a. Entzündungsprozesse, die bekanntlich zu Arteriosklerose führen und zu Mutierung des Genoms der Mitochondrien. (Warnke et al).
Schließlich sei noch erwähnt, dass in einer großen dänischen Studie von 2008 mit 13 000 Kindern u.a. ein Zusammenhang zwischen Entwicklungsstörung bei Kindern und Nutzung von Handys während und nach der Schwangerschaft durch die Mütter festgestellt wurde. (Lean).
Schaut man die in dem Artikel des Ärzteblattes beobachteten Phänomene im Zusammenhang mit Schlaganfällen an : Koagulopathie, Arteriopathie, Vaskulitiden, Infektionen, erhöhte Proteinwerte im Liquor, genetische Belastungen – so fällt auf, dass sie zu einem erheblichen Teil identisch sind mit den Schädigungen, die bei Mobilfunkbelastung nachgewiesen sind. Zusammen mit der zeitlichen Koinzidenz der Zunahme von Schlaganfällen in jüngeren Jahren und der lawinenartigen Verbreitung des Mobilfunks ergibt dies die zwingende Notwendigkeit, diese hohe Gefährdung in Forschung und Therapie zu berücksichtigen. Und es verpflichtet uns Ärzte, im Rahmen von Vorsorge eine entsprechende ärztliche Aufklärungsarbeit zu leisten.
Leserbrief zum Artikel „Zerebrale Angiopathien als Ursache von ischämischen Schlaganfällen im Kindesalter. Deutsches Ärztebaltt 48, 3.12.2010. S. 851 ff.
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